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Deutschland der Extreme: Wie Thüringen die Demokratie herausfordert von Martin Debes

Der Journalist Martin Debes hat sich vor der diesjährigen Wahl den demokratischen Verhältnissen in Thüringen gewidmet. Auf 280 Seiten geht er auf die Verhältnisse in den vergangenen einhundert Jahren im Freistaat ein. Ein Schwerpunkt des Buches »Deutschland der Extreme: Wie Thüringen die Demokratie herausfordert« liegt dabei auf den letzten dreißig Jahren.

Thüringen war lange Zeit der Inbegriff der Kleinstaaterei und später das Testlabor der Nazis. Debes zeichnet diese Geschichte nach und geht dann auf wichtige historische Marken der DDR wie auch der Wendezeit ein. Das kann helfen, die jüngere Geschehnisse besser zu verstehen und einzuordnen. Die Zeit ab ca. 1990 wird dann sehr detailliert besprochen. Hier liest man die Erfahrung und persönlichen Erkenntnisse des Journalisten gut heraus. Er kennt die Interna der Thüringer Politik und so glänzt das Buch mit vielerlei Hintergrundwissen.

Natürlich spielt die Entwicklung der AfD wie auch dessen Spitzenkandidaten eine große Rolle. Debes beschreibt, wie die anderen Parteien vor sich her getrieben werden, jegliche Fehler ausgenutzt werden und auch, wie erschöpft die aktuelle Koalition zu sein scheint.

Insgesamt liest sich das Buch wie ein spannender Roman. Leider sind die Fakten nicht erfunden, sondern Realität. Leider gibt es im Buch kein Happy End. Vielmehr sind die Bürger:innen gefragt, hier ein solches herbeizuführen.

Ich kann das Buch allen Interessierten nur ans Herz legen. Insgesamt entsteht beim Lesen der Eindruck, dass das, was in Thüringen im Kleinen passiert, auch bundesweit im Großen passieren könnte.

"Direkt vor unseren Augen" von Daniel Moßbrucker

Daniel Moßbrucker hat ein Buch geschrieben, was sich einem heiklen und emotional sehr aufgeladenen Thema widmet: sexualisierte Gewalt an Kindern und dessen Dokumentation. In der öffentlichen Diskussion wird oftmals der verharmlosende Begriff Kinderpornographie verwendet.

Moßbrucker versucht mit dem Buch, Fakten zu liefern. Dazu hat er in diversen Foren recherchiert. Dies ist insbesondere schwer, da schon der Versuch der Beschaffung eine Straftat ist. Moßbrucker schildert in dem Buch beeindruckend, dass er mit drastischen Mitteln versuchte, keine solchen Darstellungen angezeigt zu bekommen. So war es ihm möglich, die Foren zu betreten und anhand der Dateinamen und anderer Eigenschaften abzuschätzen, was dort passiert.

Seine Recherchen führten bereits in der Vergangenheit zu überraschenden Erkenntnissen. Denn offensichtlich bleiben die Darstellungen im Netz und niemand kümmert sich um die Entfernung der Inhalte:

Mit dem Buch geht Daniel Moßbrucker analytisch vor. Er beschreibt zunächst das Problem, erklärt, woher die Darstellungen kommen und wie diese dann in den Foren landen. Dabei geht nicht nur um reine Nackt- oder schlimmere Darstellungen, sondern um eine große Bandbreite. So wird von einem Benutzer berichtet, der tausende Bilder von Kindern in Daunenjacken teilte. Im Kontext wird dann klar, dass diese Bilder in einem sexuellen Kontext gelesen werden.

Dieser Teil des Buches macht klar, wie hier vorgegangen wird, welche Art von Darstellungen interessant sind und auch wie diese technisch gehostet werden. Das liefert dann die Grundlage für den nächsten Teil. Dort geht es um mögliche Maßnahmen. Dabei werden sowohl solche besprochen, die seitens der Politik immer wieder diskutiert werden wie auch solche, die eventuell zielführender erscheinen.

Moßbrucker beschreibt die Sachverhalte in einem nüchteren, unaufgeregtem Ton. Aufgrund seiner Erfahrungen wirkt der Text glaubwürdig und er macht sich viele Gedanken, wie sich die Lage wirklich verbessern kann.

Ich würde mir sehr wünschen, wenn das Buch gerade von Fachleuten in dem Bereich gelesen wird und sich diese mit den Erkenntnissen wirklich dem Schutz von Kindern widmen würden.

Schnee von Yrsa Sigurðardóttir

Falls du die Einträge im Blog regelmäßig liest, wirst du dich jetzt vielleicht wundern. Gab es den Beitrag mit dem Titel nicht schon einmal? Richtig. Doch lies mal beide Beiträge. Fällt dir ein Unterschied auf?


Weihnachten ist schon etwas her. Manchmal denken wir noch daran. Die Autorin Yrsa Sigurðardóttir lässt uns daran denken. Sie stammt von der Insel Island. Ihr aktuelles Buch heißt “Schnee”.

Yrsa Sigurðardóttir schrieb viele Krimis. Hauptperson ist der Polizist Huldar oder die Psychologin Freyja. In manchen Krimis gibt es auch die Anwältin Þóra Guðmundsdóttir.

Sigurðardóttir schrieb das Buch “Schnee” im Jahr 2020. Die Geschichte ist spannend und etwas gruselig. Sie besteht aus drei Teilen:

  • Eine Gruppe von Freunden gehen auf eine Wanderung. Sie treffen jemanden, der sich mit dem Aufbau der Erde auskennt. Diese Personen nennt man Geologen. Die Freunde und der Geologe wollen einen Gletscher anschauen. Auf dem Weg zum Gletscher erleben sie seltsame Dinge.
  • Der andere Teil beschreibt eine Suchaktion. Eine fast nackte Frau lag im Schnee. Sie wurde gefunden. Die Suchenden finden noch mehr Menschen. Alle tragen fast keine Kleidung.
  • Im letzten Teil geht es um einen Mann. Er arbeitet in einer Radarstation. Vor ihm arbeitete jemand anderes in der Radarstation. Der wurde dabei verrückt. Später tötete er sich. Der neue Mann hört Stimmen an einem Telefon. Dieses Telefon funktioniert eigentlich nicht. Er erlebt Sachen und wird selbst verrückt.

Im Buch sind die drei Teile unabhängig voneinander. Ich hatte den Eindruck, dass die ersten beiden Teile zusammengehören. Dabei war ich nicht sicher. Der dritte Teil hatte keine Verbindung zu den anderen Teilen. Ich wusste nicht, wie alle zusammenpassen. Am Ende werden alle Teile vereint. Das Ende ist überraschend.

Das Buch ist spannend und packend. Es wird immer gruseliger und spannender. Die Lösung wird am Ende gut erklärt. Beim Lesen fand ich das Buch gut. Allerdings fielen mir später Dinge auf, die ich übertrieben fand. Andere Dinge passten logisch nicht zueinander. Die Autorin nutzte Übertreibungen. So wurde das Buch spannender. Sie erklärte nicht, warum sie das machte. Dies gefiel mir nicht so gut.

Am Ende war ich ein bisschen enttäuscht. Wenn ihr die Übertreibung oder die unlogischen Stellen ignorieren könnt, dann ist das Buch sehr gut zum Lesen.


Was fiel euch beim Lesen auf? Welche Unterschiede seht ihr zwischen beiden Beiträgen und welcher gefällt euch besser?

Die Auflösung gibt es später in einem separaten Beitrag.

Schnee von Yrsa Sigurðardóttir

Weihnachten ist nun schon etwas länger her und doch hinterlässt es hier noch seine Spuren. Ein “Andenken” ist das Buch “Schnee” von Yrsa Sigurðardóttir. Die isländische Autorin ist durch Krimis mit Kommissar Huldar und Psychologin Freyja oder auch der Rechtsanwältin Þóra Guðmundsdóttir bekannt geworden.

Im Jahr 2020 hat sie das Buch “Schnee” herausgegeben. In der für sie typischen Manier erzählt sie in mehreren Strängen einen Kriminalroman mit starkem Gruselanteil:

  1. Ein Strang erzählt die Geschichte einer Wandergruppe. Ein paar Freunde machen sich mit einem Geologen auf, um einen Gletscher zu erkunden. Stück für Stück führt sie der Weg in die Kälte und sie erleben dort einige Merkwürdigkeiten.
  2. Ein zweiter Strang dreht sich um eine Rettungs- oder Suchaktion. An einer Hütte wurde im Schnee in eisiger Kälte die nahezu nackte Leiche einer Frau gefunden. Später finden die Rettungstrupps dann noch mehr Menschen. Allen ist gemein, dass sie wenig bis gar nicht bekleidet sind.
  3. Im letzten Strang erfährt man von einem Mann, der auf einer Radarstation arbeitet. Sein Vorgänger ist während der Arbeit der Erzählung nach wahnsinnig geworden und hat sich selbst getötet. Aber auch der Mann fängt an Stimmen an einem Telefon zu hören, was eigentlich nicht mehr angeschlossen ist und hat einige Erlebnisse, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen.

Diese drei Teile bilden die Geschichte und werden Stück für Stück zusammengeführt. Am Ende erfährt man die Auflösung, die einige unerwartete Überraschungen parat hat.

Die drei Stränge stehen zunächst für sich und haben keine Überschneidungen. Ich ahnte zwar, dass der Teil eins mit den Wanderern und Teil zwei mit den Leichen miteinander zu tun haben. Allerdings hielt ich das eine längere Zeit für einen Trick, der in die Irre führen soll. Denn bis weit über die Hälfte des Buches hätten sich auch andere Erklärungen finden lassen. Bis kurz vor Schluss bleibt aber unklar, was der dritte Strang mit den anderen beiden zu tun hat. Das Ende ist dann umso fulminanter und überraschender.

Insgesamt ist es der Autorin hier gelungen, ein sehr spannendes und mitreißendes Werk zu schreiben. Die Spannung und der Grusel steigern sich mit der Zeit und werden letztlich gut aufgelöst. Wenn man dann das Buch weglegt und nicht mehr darüber nachdenkt, bleibt es auch ein schönes Leseerlebnis. Spult man jedoch zurück und versucht, die Auflösung mit einzelnen Szenen in Übereinstimmung zu bringen, so finden sich häufig unlogische Stellen und starke Übertreibungen. Mit letzteren schaffte sie es, die Spannung zu erzeugen. Diese lassen sich allerdings nicht klar auflösen.

Insofern hatte ich am Ende doch einen schalen Beigeschmack. Wenn ihr das aber ignorieren könnt, ist das Buch eine deutliche Leseempfehlung.

Bad Bank von Dirk Laabs

Bad BankVor kurzem stöberte ich durch die Regale des lokalen Buchhändlers. Dabei fiel mir u.a. das Buch Bad Bank von Dirk Laabs auf. Der Autor schrieb zusammen mit Stefan Aust vor einigen Jahren ein Buch zum NSU, Heimatschutz. Das gefiel mir damals inhaltlich und vom Stil her sehr gut und so überlegte ich kurz, ob ich auch dieses Buch kaufen solle. Zunächst entschied ich mich dagegen.

Später stolperte ich über die Ankündigung von Dirk Laabs auf Twitter. Er schrieb, dass sein Buch in zehn Tagen erscheinen würde. Ich warf einen Blick auf die Inhalte und entschied mich, das Buch zu kaufen. Sozusagen als Early Bird. ;-)

Die Finanzkrise jährt sich gerade zum zehnten Mal und das Buch wirft einen Blick auf die Rolle der Deutschen Bank. Der Startpunkt und Rahmen ist die Geschichte von Bill Broeksmit. Hiervon ausgehend erzählt Dirk Laabs die Geschichte verschiedener Probleme im Bankensektor. Der Zusammenbruch der Continental Illinois im Jahr 1984 hat bereits alle Zutaten der späteren Bankenkrisen. Aber auch die verschiedenen Krisen in den 1990er Jahren, die Insolvenz von Orange County, die Krise des Hedgefonds LTCM und anderen.

Daneben wird die Geschichte der Deutschen Bank erzählt. Mit der Übernahme der Morgan Grenfell wollte diese in das Investmentbanking einsteigen. Dies wurde später mit der Einstellung verschiedener wichtiger Personen sowie der Übernahme von Bankers Trust weiter ausgebaut. Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass diese Schritte halbwegs konzeptionslos durchgeführt wurden. Das heißt, es gab die Vorstellung, dass das Investmentbanking Gewinne abwerfen wird. Aber dem Vorstand der Bank schien unklar zu sein, wie das Geschäft genau integriert wird und wie damit umgegangen werden soll. Dies legte dann den Grundstein für die weiteren Fehlentwicklungen. Das Buch schildert sehr schön, wie sich die diversen Abteilungen verselbstständigten, Geschäfte machten und wie wenig auf die entstehenden Risiken geachtet wurde. Am Ende stand dann ein Konzern, dem wenig klar war, wie es genau um die Geschäfte bestellt ist. Und am Beispiel von Eric Ben-Artzi wird gezeigt, wie mit Leuten umgegangen wurde, die genauen auf die Risiken schauen wollten. Er endete als Whistleblower, nachdem er von der Bank kaltgestellt wurde. Das Buch schließt mit dem Tod von Bill Broeksmit und einem Ausblick auf den aktuellen Vorstand der Bank.

Wie schon Heimatschutz fand ich das Buch sehr gut zu lesen. Es erzählt die Vorgänge in Form einer spannenden Geschichte. Neben den eigentlichen Vorfällen bei der Deutschen Bank werden auch andere Vorfälle beleuchtet und so gewinnt man einen guten Überblick über den geschichtlichen Verlauf. Das Buch korrigiert auch den Eindruck, dass bei der Deutschen Bank immer alles glatt lief, nie staatliche Gelder entgegengenommen wurden usw. Insofern kann ich dies nur allen zur Lektüre empfehlen. Einzig eine Sache störte mich: Naturgemäß wird im Buch immer wieder von Derivaten, Swaps, CDOs, RMBS’ usw. gesprochen. Diese Instrumente werden aus meiner Sicht zu kurz erklärt. Hier würde ich mir eine bessere Erklärung wünschen. Dies könnte als Anhang oder auf einer speziellen Webseite passieren.

Insgesamt bietet das Buch einen erschreckenden und gut geschriebenen Einblick in die Finanzszene, speziell die Deutsche Bank. Ich kann das nur uneingeschränkt zur Lektüre empfehlen.

Buch »Privacy on the line« kostenlos verfügbar

Vor vielen Jahren legte ich mir bei Amazon eine Wunschliste an. Diese war zum einen als Merkzettel für mich gedacht und zum anderen konnten andere darauf zugreifen, um mir einen Wunsch zu erfüllen.

Dort landete unter anderem auch das Buch »Privacy on the line« von Whitfield Diffie und Susan Landau (Sie ist u.a. auch Tor-Unterstützerin.). Die Beschreibung klang sehr interessant:

In Privacy on the Line, Whitfield Diffie and Susan Landau strip away the hype surrounding the policy debate over privacy to examine the national security, law enforcement, commercial, and civil liberties issues. They discuss the social function of privacy, how it underlies a democratic society, and what happens when it is lost. This updated and expanded edition revises their original—and prescient—discussions of both policy and technology in light of recent controversies over NSA spying and other government threats to communications privacy.

Aber weder kaufte ich das Buch noch kaufte es mir eine andere Person. Aber jetzt habe ich einen Grund, es zu lesen. Das Buch kann über die Webseite kostenlos heruntergeladen werden. Auf https://mitpress.mit.edu/books/privacy-line findet ihr einen Download-Link, der euch direkt zur PDF-Version bringt. Das Buch ist weiterhin im Handel erhältlich und vermutlich werde ich es nach einigem Schmökern, dann doch endlich kaufen. ;-)

Das BfV und die Spionageabwehr

Gestern war ich auf dem IT-Sicherheitstag bei der IHK Gera eingeladen. Dort hielten verschiedene Fachleute Vorträge oder Workshop. Die einleitenden Vorträge kamen von einem Experten für Spionageabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz und von mir.

Der Referent des Verfassungsschutzes erklärte, woher die Bedrohungen für die Wirtschaft kommen, wie die aussehen können und was die Firmen dagegen tun können.

Woher kommen die Bedrohungen? Anfangs wurden insbesondere Russland und China mit ihren diversen Einheiten genannt. Die im weiteren Vortrag folgenden Beispiele wurden immer von chinesischen Bürgern ausgeführt. Zum Abschluss stellte der Redner fest, dass der Verfassungsschutz ja einen 360°-Blick hat und es keine Bedrohungen von westlichen Diensten gibt. Hauptgrund war die Tatsache, dass es keine Anzeigen aus der Wirtschaft gibt. Bedeutet das, dass Spionageabwehr nur aus dem Warten auf Anzeigen besteht?

Ich griff den Ball dann in meinem Vortrag nochmal auf und verwies auf den Fall Enercon, wo die NSA spionierte. Daneben verwies ich auf den DGSE und andere Dienste, deren Ziel Wirtschaftsspionage ist und in deren Fokus auch westliche Unternehmen stehen.

Der Vortrag des BfV-Referenten hatte viele Filme zur Illustration dabei. Wenn es dabei um Wirtschaftsspionage ging, kamen die Beispiele aus der Schweiz oder Österreich. Ich fragte mich, warum es keine Beispiele deutscher Unternehmen gibt und was das BfV mit schweizer oder österreicher Unternehmen zu tun hat. Eigentlich soll die Behörde Informationen sammeln, die sich gegen die FDGO richten oder deutsche Unternehmen gefährden.

Den Abschluss des Vortrages bildete ein wenig Werbung für die Behörde. Den schließlich würde diese diskret mit Informationen umgehen und, was dem Vortragenden wichtig zu sein schien, sie unterliegt nicht dem Legalitätsprinzip. Das heißt, bei Kenntnis von Straftaten müssen diese nicht angezeigt werden.

Insgesamt hinterließ der Vortrag bei mir einen recht faden Beigeschmack und bestätigte mein Bild von den »Verfassungsschützern«.

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